Die 16. Ausgabe ist dem Thema „Begegnungen“ gewidmet und hebt die Bedeutung von Orten hervor, an denen Menschen in ihrer Vielfalt zusammenkommen können. Denn ein funktionierendes Zentrum ist mehr als nur ein wichtiger Imagefaktor für den Bezirk. Es soll auch ein Ort des Austauschs sein – unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung sowie sozialer und religiöser Zugehörigkeit. Im Zuge dessen werden Orte rund um die Karl-Marx-Straße vorgestellt, an denen Gemeinschaft erlebbar wird: im öffentlichen Raum, in öffentlichen Einrichtungen, in Vereinen ebenso wie in Lokalen. Sie alle bergen das Potenzial, eine gesellschaftsverbindende Rolle einzunehmen, was gerade in der heutigen Zeit von immer größerer Bedeutung ist.

Stand August 2025

Karl-Marx-Straße – Was denkst du?

Unsere Straße ist nicht nur Baustelle und Verkehr, sie ist vielmehr ein Ort der Begegnung. Wer regelmäßig über die Karl-Marx-Straße geht, spürt schnell: Hier bleibt man nicht nur selten allein, auch das bunte Nebeneinander macht den Ort aus. Aber wie genau wird diese Straße mit all ihren unterschiedlichen Angeboten und Facetten eigentlich genutzt? Eine Umfrage des Citymanagements mit dem Titel „Karl-Marx-Straße – Was denkst du?“ hat das genauer untersucht.

Vom 16. Oktober bis 15. November 2024 konnten Anwohnende und Besucher*innen an einer Nutzerumfrage teilnehmen. Diese wurde digital und auf der Karl-Marx-Straße durch Postkarten und Banner beworben. Zudem hatten die Teilnehmenden die Chance auf Preise aus lokalen Geschäften. Rund 750 Menschen machten mit. Besonders interessant: Die Teilnehmenden spiegeln ziemlich genau die Realität vor Ort wider. Über 80 Prozent der Befragten leben oder arbeiten in Neukölln. Die größte Altersgruppe waren Menschen zwischen 35 und 50 Jahren (42 Prozent), dicht gefolgt von den 25- bis 34-Jährigen (27 Prozent). 

Fragt man danach, was die Karl-Marx-Straße ausmacht, kommt fast immer: die Vielfalt. Und damit ist nicht nur das Warenangebot gemeint, sondern auch das Miteinander. Menschen aus unterschiedlichen Ländern, Lebensrealitäten und Generationen treffen hier auf engem Raum aufeinander. Die Straße wird zum Spiegel ihrer Nutzenden – mal harmonisch, mal hektisch, aber immer lebendig.

Umfrage

Interessant ist, wie sich diese Vielfalt auch in den genannten Lieblingsorten widerspiegelt. Bei den über 65-Jährigen rangiert das Passage-Kino ganz oben, bei den 50- bis 65-Jährigen sind es die Neukölln Arcaden, genauso wie bei den 35- bis 50-Jährigen. Jüngere Menschen nennen häufiger gastronomische Orte – von jemenitischen Restaurants bis zu türkischen Frühstückscafés. Orte, an denen nicht nur gegessen, sondern auch zusammengesessen, gespielt und kennengelernt wird. Auch Treffpunkte wie SNIPES – bei den 14- bis 24-Jährigen auf Platz 1 – zeigen, dass Begegnung heute oft auch über Lifestyle und Mode passiert. Wer sich dort trifft, bleibt meist nicht allein, sondern zieht weiter – durch andere Läden, an Schaufenstern vorbei, in Richtung Essen, Kultur oder einfach vor den Späti auf ein Getränk.

Umfrage

Auffällig ist, wie sehr diese Straße auf vielen Ebenen genutzt wird: zum Einkaufen, zum Treffen, für Kultur, für Arztbesuche und zum Arbeiten. Ein Ort für alles – oder zumindest vieles. Und doch wird diese Offenheit auch kritisch gesehen. Viele Teilnehmende benennen Missstände: Lärm, Müll, Baustellen, Drogenkonsum, chaotischer Verkehr. Begegnungen können eben auch belasten, wenn der Raum dafür nicht gestaltet ist. Die (ehemalige) Baustelle auf der Straße, der enge Raum für Fuß- und Radverkehr, fehlende Rückzugsorte – all das erschwert die Aufenthaltsqualität, besonders für Kinder, Ältere und mobil Eingeschränkte.

Was sagt das über das Zentrum Karl-Marx-Straße aus? Dessen Motto lautet: jung, bunt, erfolgreich. Die Umfrage zeigt, dass „jung“ und „bunt“ ohne Zweifel stimmen. Aber erfolgreich? Wenn Erfolg bedeutet, dass sich Menschen begegnen können, dass sie ihre Straße als ihren Ort erleben, dann ist die Karl-Marx-Straße auf einem guten Weg. Wenn Erfolg aber nur durch neue Geschäfte, kommerzielle Nutzung und saubere Fassaden gemessen wird, bleibt dieses Bild unvollständig. Denn was viele der Teilnehmenden sich wünschen, ist nicht mehr Konsum, sondern mehr Qualität in den Begegnungen: ein sauberer Platz zum Sitzen, ein sicherer Weg zur Schule, ein Café mit Zeit statt nur mit Umsatzdruck. Eine Teilnehmerin der Umfrage sagt zum Beispiel: „Die Karl-Marx-Straße ist prall gefüllt mit Leben, egal ob auf dem Markt, im Café, in der Arztpraxis oder in den vielfältigen Kulturzentren. Menschen lieben und leben die Gemeinschaft und das Miteinander in Neukölln! Dafür braucht es dringend mehr Räumlichkeiten der Stadt, die offen für alle sind!“.

Die Umfrage liefert am Ende nicht die EINE Antwort, aber sie zeigt ein starkes Interesse an der Straße – und an ihrer Zukunft. Das Citymanagement will die Ergebnisse nun nutzen, um eine neue Webseite und eine gemeinsame Standortkampagne zu entwickeln. Ein Schritt in die richtige Richtung. Denn wenn eine Straße etwas über eine Stadt erzählt, dann ist die Karl-Marx-Straße ein Kapitel voller Stimmen. Man muss nur gut hinhören.

Tina Steinke, Citymanagement