Dies ist ein Artikel ist aus dem KARLSON #6 – 2019, der Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.
Stand August 2019
Drei Projekte werden umgesetzt
Der Bezirk Neukölln hat sich zum Ziel gesetzt, die Ausstattung des Quartiers mit öffentlichen Einrichtungen der Bildung und Freizeit besonders für Kinder und Jugendliche zu verbessern. In den vorbereitenden Untersuchungen zur Festsetzung des Sanierungsgebiets wurden 2008 große Defizite beim Zustand der im Gebiet vorhandenen Einrichtungen festgestellt. Zudem ist ein großer Teil der ansässigen Bevölkerung auf leistungsfähige öffentliche Bildungs- und Freizeitangebote angewiesen. Drei Projekte befinden sich mittlerweile in der Planung und Umsetzung.
Der Entwurf für das neue Blueberry Inn
Der geplante Neubau der Jugendfreizeiteinrichtung „Blueberry Inn“ in der Reuterstraße 9–10 nimmt Gestalt an. In einem Auswahlverfahren mit mehreren Architekturbüros konnte sich die Arbeitsgemeinschaft PUPJUC, bestehend aus den Büros „Partner und Partner Architekten“ sowie „JUCA architektur + landschaftsarchitektur“, mit ihrem Entwurf durchsetzen. Dieser sieht einen zweistöckigen Neubau vor, der gleichzeitig eine Trennungsfunktion für die zukünftige Außenanlage beinhaltet. Während im südlichen Eingangsbereich ein halböffentlicher „Stadtplatz“ entstehen soll, der sich zwischen den öffentlichen Spielplätzen erstreckt und einen Aufenthalt beim Ankommen ermöglicht, ist im hinteren Bereich ein geschlossener Garten vorgesehen, der nur über das Gebäude erreicht werden kann.
Das Gebäude selber soll freundlich und einladend wirken und zudem als ein Haus für die Jugend erkennbar sein. Gleichzeitig sollen die Fassadenmaterialien auch potentiellem Vandalismus vorbeugen. Im Erdgeschoss besteht die Fassade des Gebäudes zum Spielplatz hin deshalb aus sogenannten Gabionen-Körben, die mit wildem Wein oder Efeu berankt werden können. Diese grüne Wand ist überwiegend geschlossen und öffnet sich hauptsächlich am Eingangsbereich, der sich abends und nachts leicht mit einem Rollgitter schließen lässt. Den Eingangsbereich des Gebäudes bildet ein Foyer mit Zugang zum Büro, von dem man einen guten Überblick über den „Stadtplatz“ hat. Das Foyer liegt im Zentrum des Gebäudes und fungiert als ein horizontaler und vertikaler „Verteiler“, der alle Nutzungsbereiche über kurze Wege erreichbar macht. Im Erdgeschoss gelangt man so zum Kindertreff, dem Mädchenzimmer und dem Bewegungsraum. Über die zentrale Treppe erreicht man das Obergeschoss. Hier befinden sich ein Lernraum, ein Seminarraum und ein offener Jugendtreff. Letzterer liegt an einer eingefassten Dachterrasse, die als eine Art „Dachgarten“ ein niederschwelliges Freiraumangebot schafft.
Entwurfsplanung Blueberry Inn und Außengelände (© JUCA architektur+landschaftsarchitektur)
Das Raumprogramm des Neubaus zeichnet sich durch vielfältige Nutzungsmöglichkeiten aus, so dass zukünftig neben den Kindern und Jugend-lichen auch die Stadtteilmütter, die Helene-Nathan-Bibliothek sowie die Volkshochschule das neue Gebäude für ihre Zwecke nutzen können. Der Vorentwurf für die Außenanlagen sieht eine klare Gliederung der einzelnen Nutzungsbereiche vor. Die beiden Spielplätze und die halböffentlichen Flächen um das Blueberry Inn reihen sich nördlich des Weges auf und werden von hier erschlossen. Einzig der Spielplatz für die vorwiegend 8- bis 14-jährigen erhält einen weiteren, direkten Zugang von der Reuterstraße. Insgesamt wird das Bauvorhaben mit ca. 3,7 Millionen Euro aus dem Baufonds für Baumaßnahmen des Programms „Soziale Stadt“ gefördert. Die Bauarbeiten sollen im Februar 2020 beginnen und im Sommer 2022 fertiggestellt werden. Für die Dauer der Bauarbeiten wird am Boddinplatz ein Ausweichstandort errichtet.
Visualisierung Neubau Blueberry Inn (© Arbeitsgemeinschaft PUPJUC)
Die Planungen für die „Manege“ auf dem Campus Rütli
Die Jugendfreizeiteinrichtung „Manege“ ist Bestandteil des „Campus Rütli“ (CR²). Dieser vereint neben der Gemeinschaftsschule weitere Bildungseinrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche bis zum Eintritt in das Berufsleben intensiv gefördert werden. Die Manege ist die einzige große Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung (KJFE) in der Bezirksregion Reuterstraße. Sie hat zurzeit räumliche Kapazitäten für 150 Plätze. Das Gebäude weist jedoch erhebliche bauliche Mängel auf und genügt nicht mehr den baulich-energetischen und funktionalen Anforderungen einer zeitgemäßen Nutzung.
Im Integrierten Stadtentwicklungskonzept für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße / Sonnenallee wurde das Ziel formuliert, am Standort Manege eine integrierte Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung zu etablieren, die auch Räume zur Förderung von lernschwachen Schüler*innen sowie offene Beratungs- und Koordinierungsleistungen für das Quartier anbieten kann. Um diese Ziele am Standort verwirklichen zu können, wurde im letzten Jahr eine Machbarkeitsstudie beauftragt. In der Studie wurden drei Varianten untersucht: der Umbau des Bestandsgebäudes, der Umbau und die Erweiterung des Bestandsgebäudes und schließlich Abriss und Neubau.
Lageplan Neubau „Manege“ (© Haberland Architekten)
Im Ergebnis dieser Machbarkeitsstudie hat sich der Ersatz des Altbaus durch einen Neubau als die wirtschaftlichste Variante durchgesetzt. Neben den Angeboten für Kinder und Jugendliche sollen für die Gemeinschaftsschule Unterrichtsräume für Praxislerngruppen mit insgesamt rund 30 Schüler*innen entstehen. Zudem soll das Stadtteilbüro als Ort für die Nachbarschaftsarbeit im Reuterkiez einen Beratungs- und Büroraum erhalten und dadurch weiter gestärkt werden.
Insgesamt werden drei Fachabteilungen des Bezirksamtes Neukölln (Abt. Jugend und Gesundheit, Abt. Bildung, Schule, Kultur und Sport sowie Abt. Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienste) für den Betrieb der künftigen multifunktionalen Einrichtung verantwortlich sein. Diese ressortübergreifende Zusammenarbeit ist nicht der Regelfall und stellt daher auch organisatorisch eine Herausforderung dar. So wird die Manege z. B. für den Freizeitbereich des gebundenen Ganztagsbetriebs der Grundstufe bis 16 Uhr genutzt. Schüler*innen der Gemeinschaftsschule CR² besuchen nach dem Unterricht die Manege und nehmen dort auch an den schulischen Unterstützungsangeboten teil. Auch der große Saal, der im Neubau wieder entstehen soll, wird von allen drei Trägern genutzt. Die Projektidee folgt dem Leitbild des Campus Rütli, ein gemeinschaftlicher Bildungs- und Erlebnisraum für Kinder und Jugendliche zu sein.
Bestandsgebäude „Manege“ (© Susanne Tessa Müller)
Für das Projekt wurde im März 2019 ein Förderantrag bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gestellt. Für die Planung und die Baumaßnahmen sollen Mittel der Städtebauförderung eingesetzt werden. Nach dem aktuellen Zeitplan soll das neue Gebäude 2024 stehen. Ziel ist es auch, während der Bauzeit einen Ersatzstandort für den laufenden Betrieb zu finden.
Szenenwechsel – das interkulturelle Zentrum für Mädchen und junge Frauen
Das ehemalige Jugendheim in der Donaustraße 88a wird schon seit vielen Jahren als Mädchentreff genutzt. Es handelt sich um die einzige kommunale Mädcheneinrichtung in Neukölln. Außerdem befindet sich im „Szenenwechsel“ das Medienkompetenzzentrum von Neukölln.
Der Bedarf an Freizeitangeboten für Mädchen und junge Frauen kann derzeit mit den vorhandenen Räumen nicht mehr abgedeckt werden. Das Gebäude hat außerdem erhebliche bauliche Defizite, die beinahe zur Sperrung des Gebäudes geführt hätten. Aus diesem Grund wurde in verschiedenen Varianten untersucht, wie alle Belange mit einer Erweiterung des Gebäudes berücksichtigt werden könnten. Mit einem Anbau sollen nun rund 230 Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche auf drei Etagen geschaffen werden. Das Gebäude erhält einen Aufzug und durch ein zusätzliches Treppenhaus im Anbau wird auch der notwendige zweite bauliche Rettungsweg gesichert. Das bestehende Gebäude wird saniert und im Inneren so strukturiert, das am Ende Alt- und Neubau eine Einheit bilden werden.
Visualisierung Erweiterungsbau „Szenenwechsel“ (© dp Architekten)
Für die Nutzungen bedeutet das eine deutlich verbesserte Raumsituation. So entsteht z. B. ein Bewegungs- und Tanzraum und der Musikraum wird mit zusätzlichem Schallschutz ausgestattet. Neue Fenster und eine Lüftungsanlage sorgen dafür, dass die Räume im Untergeschoss künftig auch bei geschlossenen Fenstern in vollem Umfang genutzt werden können. Damit werden Lärmbelästigungen der Nachbarschaft der Vergangenheit angehören.
Die Fassadengestaltung orientiert sich am Bestand, jedoch in einer neu interpretierten Form. Die Farbgestaltung im Inneren des Gebäudes richtet sich nach dem Geschmack der Zielgruppe. Hier wurden in enger Abstimmung mit den Nutzer*innen sehr individuelle Lösungen gefunden.
Insgesamt belaufen sich die Kosten auf 1,55 Millionen Euro. Die Maßnahme wird aus dem Programm SIWANA (Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Errichtung eines Nachhaltigkeitsfonds) finanziert. Die Abbrucharbeiten sind bereits abgeschlossen, mit den Rohbauarbeiten wurde begonnen. Der „Szenenwechsel“ ist derzeit behelfsmäßig im benachbarten Gebäude Donaustraße 89–90 untergebracht. Die Fertigstellung ist für das Jahresende 2019 geplant. Allerdings ist aufgrund der aktuellen Kapazitätsengpässe in der Baubranche damit zu rechnen, dass sich die Fertigstellung möglicherweise verzögert.
David Fritz, Torsten Kasat, Katrin Sambleben