Der Broadway Nº 10 – 2018/2019 widmet sich dem Thema „Wandel“. Kaum ein Begriff beschreibt die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre treffender – solange existiert die [Aktion! Karl-Marx-Straße] im Zentrum Karl-Marx-Straße nun schon.

Das Magazin beleuchtet den Wandel aus vielen unterschiedlichen Perspektiven – von den Menschen, die hier leben und arbeiten, über den öffentlichen Raum, die Entwicklung des Handels und der Gastronomie bis zur neuen Begeisterung für die Stadtnatur. Diese vielen unterschiedlichen Facetten zeigen das bunte Bild des Neuköllner Zentrums, seiner Chancen und Herausforderungen.

Konzepte im Umbruch

Handel ist Wandel – diese Binsenweisheit bringt es auf den Punkt. Der Handel befindet sich vor allem aufgrund des wachsenden Online-Handels im großen Umbruch. Wie sieht auch in diesem Zusammenhang die Zukunft der Karl-Marx-Straße aus? Wie hat der stationäre Handel gegenüber dem Internet eine Chance?

Die Zuwachsraten des Online-Handels, die jährlich bei etwa zehn Prozent liegen, lassen weitere Verschiebungen im Handel erahnen. Der Handel ist aber noch immer der wichtigste Frequenzbringer für die Zentren. Neue Konzepte sind nötig, um die Zentren attraktiv und lebendig zu halten. Der Erfolg des stationären Handels wird künftig mehr als je zuvor von einer guten Mischung der Nutzungen und Angebote abhängen sowie von der Atmosphäre und der Qualität des Raums, in den er eingebettet ist. Am Beispiel der Neukölln Arcaden zeigen wir stellvertretend für das ganze Zentrum Karl-Marx-Straße einige Trends der Entwicklung auf.

Umzug der Postfiliale Karl-Marx-Straße

Schon 2003 bezog das Hauptpostamt 44 neue Räumlichkeiten in den Neukölln Arcaden und verließ seinen angestammten Sitz Karl-Marx-Straße / Ecke Anzengruberstraße. Die Post verkaufte damals aufgrund von Umstrukturierungen ihre Immobilien. Damit verbunden war die Schließung der Post am anderen Ende der Hauptlage. Dies zeigt die Tendenz einer zunehmenden Konzentration wichtiger Zentrumsnutzungen auf einen eng begrenzten Raum.

Neukölln Arcaden

Die Neukölln Arkaden an der Karl-Marx-Straße © Ricarda Spiegel

Mehr als Einkaufen: Kunst-Installation „Faire l’aventure“ der Künstlerin Tere Recarens in den Neukölln Arkaden, 2009 © Tere Recarens

Zunehmende Mischung des Handels mit anderen Nutzungen

Die besonderen Nutzungen Stadtbibliothek, Kinocenter und Klunkerkranich sind heute ein großer Wettbewerbsvorteil für das Einkaufszentrum Neukölln Arcaden. Denn monofunktional genutzte Handelsimmobilien, wie man sie bisher kannte, werden nicht mehr so stark nachgefragt. Stattdessen werden aller Voraussicht nach Handelsimmobilien mit einer Mischnutzung und breit aufgestellten Zielgruppen erfolgreicher sein. Ein gutes Beispiel für neue Konzepte sind die Planungen für das „101 Neukölln“ (heute Karstadt-Schnäppchencenter), die neben Einzelhandelsflächen auch Gastronomie, Fitnessangebote und CoWorking-Spaces vorsehen. Auch der Umbau der Alten Post setzt auf Mischnutzung mit Gastronomie, Büros und einem Nahversorger im Erdgeschoss.

Verlegung Service-Center der AOK Nord-Ost

Wenn Handelsflächen schwer vermietbar sind, wie z. B. Läden im 2. Obergeschoss der Neukölln Arcaden, können ganz andere Nutzungen eine gute Lösung sein. Hier hat sich seit Mai 2016 das Service-Center der AOK Nord-Ost eingemietet und sorgt für zusätzliche Frequenz in den Arcaden. Aber auch an anderen Orten der Karl-Marx-Straße ist der Trend zur Umnutzung von Handelsflächen zu Gastronomie oder serviceorientierten Dienstleistungen, z. B. Zahnarztpraxen, zu beobachten.

Eröffnung eines Bio-Supermarkts im 1. Obergeschoss

Auch Nahversorgungsunternehmen fragen den Standort Karl-Marx-Straße verstärkt nach. Qualität, Frische und Service ist den Kund*innen im Lebensmittelhandel zunehmend wichtig. So hat sich in den Neukölln-Arcaden im 1. Obergeschoss ein Bio-Supermarkt angesiedelt. Die großen Verbrauchermärkte punkten mit Erlebniskonzepten. Auch inhabergeführte Geschäfte an der Karl-Marx-Straße verknüpfen zunehmend Verkauf mit z. B. Gastronomie, wie z. B. Feinkost Kropp. Neben dem Verkaufsbereich hat das Geschäft nun mehr Platz und Atmosphäre zum Verweilen und Genießen.

Ansiedlung des Kulturdachgartens Klunkerkranich auf dem obersten Parkdeck

Aber auch allgemein setzt der stationäre Handel zunehmend auf die Erlebnisqualität am Standort. Die Neukölln Arcaden und der Klunkerkranich sind diesbezüglich eine gelungene Verbindung eingegangen. Der Klunkerkranich ist heute ein Ausgeh-Ort für internationales Publikum. Hiervon profitieren auch die Geschäfte.

Das Profil der Karl-Marx-Straße als Handelsstandort wird künftig auch von einer guten privatwirtschaftlichen Entwicklung der Schlüsselimmobilien Alte Post, ehemaliges C&A-Kaufhaus, Karstadt-Schnäppchencenter oder ehemaliger H&M-Standort abhängen. Die öffentliche Hand legt derzeit mit dem Umbau der Karl-Marx-Straße die Grundlage, um allen Immobilienentwickler*innen und Händler*innen ein attraktives Umfeld für eine erfolgreiche Zukunft zu schaffen.

Susann Liepe, Lukas Mohn, Citymanagement der [Aktion! Karl-Marx-Straße]