Die 16. Ausgabe ist dem Thema „Begegnungen“ gewidmet und hebt die Bedeutung von Orten hervor, an denen Menschen in ihrer Vielfalt zusammenkommen können. Denn ein funktionierendes Zentrum ist mehr als nur ein wichtiger Imagefaktor für den Bezirk. Es soll auch ein Ort des Austauschs sein – unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung sowie sozialer und religiöser Zugehörigkeit. Im Zuge dessen werden Orte rund um die Karl-Marx-Straße vorgestellt, an denen Gemeinschaft erlebbar wird: im öffentlichen Raum, in öffentlichen Einrichtungen, in Vereinen ebenso wie in Lokalen. Sie alle bergen das Potenzial, eine gesellschaftsverbindende Rolle einzunehmen, was gerade in der heutigen Zeit von immer größerer Bedeutung ist.

Stand August 2025

Grüne Oase, Treffpunkt, Bühne

Mitten auf dem Kindl-Areal liegt eine grüne Insel, die weit mehr ist als nur ein Garten: Der „Voll­guter Gemeinschaftsgarten“ ist ein offener Ort der Begegnung, ein liebevoll gestalteter Rückzugsraum – und zugleich Bühne für Kultur und nachbarschaftliches Miteinander. Entstanden vor acht Jahren, ist der Garten längst zu einem festen Anlaufpunkt im Kiez geworden – ohne Konsumzwang, getragen von Ehrenamt und gegenseitigem Respekt. Fabian Buntrock, Vorstandsmitglied des Zuhause e. V., der den Garten mitinitiiert hat und betreut, nimmt uns mit in diese besondere Welt zwischen Blumenbeeten und Skulpturen.

Herr Buntrock, wie entstand die Idee für den Gemeinschaftsgarten und was macht diesen Ort so besonders?

2015 konnten wir die Fläche erstmals nutzen – zunächst nur befristet, später dann dauerhaft. Möglich wurde das durch die Terra Libra Immobilien GmbH, eine Tochter der Stiftung Edith Maryon. Sie hatte damals große Teile des Kindl-Areals erworben, um sie dem Markt zu entziehen und für soziale, ökologische und kreative Nutzungen zu sichern. Für uns als gemeinwohlorientierten Kulturverein war und ist das eine große Chance. Seit unserer Gründung im Jahr 2010 setzen wir uns dafür ein, erschwingliche Räume für soziokulturelle Angebote und Nutzungen zu schaffen und zu erhalten – Orte, an denen freischaffende Künstler*innen unabhängig von Alter, Geschlecht und Religion arbeiten und sich begegnen können. Dabei geht es uns vor allem um das Miteinander: offen, respektvoll, solidarisch. Obwohl das Gelände mitsamt Garten in privatem Besitz ist, fühlt es sich an wie ein öffentlicher Raum. Genau das macht diesen Ort so außergewöhnlich. Hier ist jede und jeder willkommen.

Vollguter Gemeinschaftsgarten

Auf Entdeckungstour durch den „Vollguter Gemeinschaftsgarten“ (Foto: Benjamin Pritzkuleit)

Wie wird die Freifläche genutzt? Wer kommt hierher?

Der „Vollguter Gemeinschaftsgarten“ ist vieles zugleich: Treffpunkt, Rückzugsort und Bühne. Regelmäßig finden hier Konzerte statt. Außerdem organisieren wir Flohmärkte, Filmabende in Kooperation mit dem Verein filmArche und Aktionen wie gemeinschaftliches Kochen. Auch ein balinesisches Gamelan-Ensemble war schon mehrfach zu Gast. Hier ist eigentlich immer etwas los. Der Dialog mit der Nachbarschaft ist uns dabei besonders wichtig – insbesondere, wenn es um das Thema Lärm geht. Gegenseitige Rücksichtnahme und respektvoller Austausch prägen unser Miteinander. Das gilt auch für die anderen Akteur*innen, die hier am Kindl-Areal ansässig sind. Wir sind ständig in Kontakt, unterstützen uns gegenseitig und setzen gemeinsam Projekte um. So entsteht ein Ort, an dem sich ganz unterschiedliche Menschen wohlfühlen – Familien aus der Nachbarschaft, Jung und Alt, Kreative sowie Anwohnende aus benachbarten Stadtteilen. Darüber hinaus zieht der Garten auch Besucher*innen aus anderen Bezirken an. Einige von ihnen möchten hier nicht nur verweilen, sondern den Ort aktiv mitgestalten. Über unser Schwarzes Brett können Interessierte mit uns in Kontakt treten – ob mit einer Idee, einem Projekt oder einfach dem Wunsch, sich einzubringen.

Vollguter Gemeinschaftsgarten

Gemeinsames Kochen: Wie man sich einen Gemeinschaftsgarten so vorstellt (Foto: Zuhause e. V.)

Was braucht es, damit der Ort funktioniert? 

Vor allem braucht es eine aktive, betreuende Community, Menschen, die präsent sind – nicht, um zu kontrollieren, sondern um Beziehungen mit den Gästen aufzubauen, im Gespräch zu bleiben. Die größte Herausforderung ist oft das Wetter. Mal ist es zu heiß, mal zu kalt, mal zu stürmisch. Aus ökologischer Sicht ist der Garten jedoch ein Glücksfall. Er sorgt für ein besseres Mikroklima und bietet Lebensraum für Wildbienen sowie Vögel – gelegentlich lassen sich sogar Füchse erspähen. Um den Garten klimaresilienter zu gestalten, benötigen wir jedoch dringend bessere Strukturen – etwa für die Wasserversorgung. Auch Themen wie Sauberkeit und Sicherheit spielen eine große Rolle. Zwei Platzwarte sorgen Tag für Tag für Ordnung und stehen mit den Gästen im Austausch. Immer wieder betonen wir: Dieser Garten ist ein Geschenk für Neukölln – aber er funktioniert nur, wenn alle für ihn Verantwortung übernehmen.

Vollguter Gemeinschaftsgarten

Ein Kurzbesuch auf Bali: Gamelan-Musik auf dem Kindl-Areal (Foto: Zuhause e. V.)

Welche Pläne gibt es für die Zukunft des „Vollguter Gemeinschaftsgartens“? Wie soll sich dieser entwickeln?

Unser Ziel ist es, den Garten langfristig als offenen, nichtkommerziellen Nachbarschaftsort zu sichern. Im Rahmen des geplanten Umbaus des VOLLGUT werden wir als Verein Teile des Gebäudes umstrukturieren und dort unter anderem offene Ateliers und Werkstätten einrichten. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten für kreative Projekte und partizipative Formate, die wir noch stärker öffentlich zugänglich machen möchten.

Interview: Christoph Lentwojt, raumscript