Dies ist ein Artikel ist aus dem KARLSON #9 – 2022, der Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.

Stand November 2022

Vorrang für den Fuß- und Radverkehr

Planungen für die Elbestraße beginnen

Durch ihre Breite von 26 Metern und ihren Allee­charakter mit baumbestandener Mittelpromenade stellt die etwa 450 Meter lange Elbestraße eine Besonderheit im Sanierungsgebiet dar. Derzeit wird dieser eigentlich attraktive öffentliche Raum jedoch von parkenden Autos dominiert; zudem sind die Gehwege teilweise sehr eng und in beklagenswertem Zustand. Die Sanierung und Neugestaltung der Elbestraße ist daher bereits 2011 mit der Festlegung des Sanierungsgebietes als eines der Schlüsselprojekte im Teilgebiet Sonnenallee bestimmt worden.

Elbestraße Ecke Schandauer Straße

Zugeparkte Mittelpromenade der Elbestraße

Nachdem zunächst andere Straßenräume wie das Weigandufer umgestaltet worden sind, beginnt jetzt der Planungsprozess für die Elbestraße. Im Herbst wird durch den Bezirk eine Machbarkeitsstudie beauftragt werden, in der die Rahmenbedingungen für einen Umbau ermittelt und darauf aufbauend Varianten entwickelt und geprüft werden. Dies soll die Grundlage für einen umfangreichen Beteiligungsprozess werden, in den die Anwohnenden und Gewerbetreibenden, die Elbe-Schule, die breitere Öffentlichkeit, aber natürlich auch Fachämter und sonstige Träger öffentlicher Belange einbezogen werden. Im Ergebnis soll eine Vorzugsvariante bestimmt werden und als Basis für die künftige Gestaltung dienen.

Historische Ansicht der Elbestraße von der Sonnenallee aus gesehen

Historische Ansicht der Elbestraße von der Sonnenallee aus gesehen

Den Rahmen der Beteiligung für die Umgestaltung der Elbestraße setzen drei grundsätzliche Zielstellungen: Erstens ist die Elbestraße 2021 auf Vorschlag des Bezirks von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz als eines von zwölf Modellprojekten in Berlin für die Förderung des Fußverkehrs ausgewählt worden. Dies ist mit zusätzlichen Anforderungen verbunden, die über die grundsätzlichen Sanierungsziele der Stärkung der Aufenthaltsqualität und Reduzierung der Flächen für den motorisierten Verkehr im öffentlichen Raum hinausgehen.

Elbestraßenfest

Elbestraßenfest des Fördervereins der Elbe-Grundschule e.V. und der Elterninitiative Elbe-Schule im Juni 2022

Zweitens stellt die Anpassung des Straßenraumes an den Klimawandel eine zunehmend wichtigere Aufgabe bei Straßenneu- und -umbauten dar. Umbaumaßnahmen sollen einen hitzeangepassten und wassersensiblen Stadtraum schaffen. Die Regelungen, die die Einleitung von Regenwasser in die Kanalisation begrenzen, haben Einfluss auf die Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei handelt es sich z. B. um zusätzliche Bodenentsiegelungen, damit Niederschlagswasser vor Ort versickert oder verdunstet. Darüber hinaus soll in der Machbarkeitsstudie geprüft werden, inwieweit weitergefasste modellhafte und zukunftsweisende Lösungen zur Treibhausgasminimierung, zur Temperatur- und Wasserregulierung und zur Stärkung der Biodiversität umgesetzt werden können, letzteres auch mit Ziel der Sicherung und Stärkung von Lebensräumen im Sinne des Artenschutzes.

Drittens sieht der aktueller Berliner Radverkehrsplan vor, die Radvorrangverbindung zwischen Treptow und Tempelhof über die Bouché- und Elbestraße zu führen. Damit ist nicht nur der perspektivische Bau einer Fuß- und Radverkehrsbrücke über den Neuköllner Schifffahrtskanal verbunden, sondern es werden auch bestimmte Ausbaustandards für den Radverkehr in der Elbestraße berücksichtigt (siehe rechte Seite), die zu dessen Stärkung und Steigerung im Nah- wie Fernbereich beitragen sollen. Die Vereinbarung dieser unterschiedlichen Zielstellung und Interessen wird sicher keine leichte und schnell lösbare Aufgabe sein. Die Planungen sollen bis 2024 beendet und anschließend baulich umgesetzt werden.
Alexander Tölle

Modellprojekt für den Fußverkehr

Das Land Berlin fördert mit dem 2018 beschlossenen und 2021 erweiterten Mobilitätsgesetz (MobG BE) auch die Attraktivität und Sicherheit des Fußverkehrs. Dazu gehören Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit, Schulwegsicherheit, Querung von Fahrbahnen oder Beleuchtung. Darüber hinaus sollen Stadträume geschaffen werden, in denen der Autoverkehr keine oder nur eine nachgeordnete Rolle spielt. Hierbei soll geprüft werden, inwieweit ein Stadtraum so umgestaltet werden kann, dass die Menschen sich hier begegnen, verweilen, erholen, spielen und miteinander ins Gespräch kommen können. Das Gesetz sieht in § 58 vor, in jedem Bezirk mindestens ein Modellprojekt durchzuführen, das einen solchen besonderen Stadtraum schafft. Diese insgesamt 12 Berliner Modellprojekte sollen bis 2024 umgesetzt oder zumindest fertig geplant sein. Dafür werden von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz Mittel in Höhe von gut 29 Millionen Euro bereitgestellt.

Radverkehrsvorrangstraße

Auf Grundlage des Mobilitätsgesetzes wurde im November 2021 vom Land Berlin per Rechtsverordnung ein Radverkehrsplan beschlossen. Darin werden die Ziele und Standards konkretisiert, mit denen der Anteil des Radverkehrs deutlich gesteigert sowie die objektive und subjektive Sicherheit und Zufriedenheit der Radfahrenden erhöht werden soll. Das Kernelement ist dabei ein Radverkehrsnetz, das die im Alltag zu erreichenden wichtigen Ziele erschließt. Die Grundstruktur bildet ein Netz von Radvorrangstraßen mit einer Länge von rund 850 Kilometern; dazu kommt ein Ergänzungsnetz mit einer Länge von rund 1.550 Kilometern. Die Vorrangstraßen verbinden die Zentren der Stadt und sind durch hohe Qualitätsstandards gekennzeichnet: z. B. durch eine Mindestbreite von 2,50 Meter pro Richtung (bzw. 4 Meter im Zweirichtungsverkehr), den Schutz vor Störungen durch Kraftfahrzeuge, die verkehrsrechtliche Vorfahrt an Knotenpunkten, keine Behinderung durch Streckenhindernisse wie z. B. Umlaufsperren und eine durchgängig sichere Befahrbarkeit mit bis zu 25 Kilometern pro Stunde. Das Radverkehrsnetz soll bis 2030 baulich umgesetzt und beschildert werden.