Die 16. Ausgabe ist dem Thema „Begegnungen“ gewidmet und hebt die Bedeutung von Orten hervor, an denen Menschen in ihrer Vielfalt zusammenkommen können. Denn ein funktionierendes Zentrum ist mehr als nur ein wichtiger Imagefaktor für den Bezirk. Es soll auch ein Ort des Austauschs sein – unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung sowie sozialer und religiöser Zugehörigkeit. Im Zuge dessen werden Orte rund um die Karl-Marx-Straße vorgestellt, an denen Gemeinschaft erlebbar wird: im öffentlichen Raum, in öffentlichen Einrichtungen, in Vereinen ebenso wie in Lokalen. Sie alle bergen das Potenzial, eine gesellschaftsverbindende Rolle einzunehmen, was gerade in der heutigen Zeit von immer größerer Bedeutung ist.

Stand August 2025

Zwischen Alltag und Aktionen

Der Alfred-Scholz-Platz ist das Herzstück der Karl-Marx-Straße und vor allem eines: vielfältig. Er lädt dazu ein, für einen Moment innezuhalten, Freund*innen zu treffen oder neue Bekanntschaften zu knüpfen. Und hin und wieder verwandelt sich der Platz in weit mehr als das und sorgt mit Musik, Kunst und weiteren Aktionen für Abwechslung.

Seit Jahren beleben Morris Perry und Philip Schmidt vom Spotlight Talent e. V. die Platzfläche aktiv mit. Was einst mit „Alfreds Fest“ begann – einem Nachbarschaftsfest mit Live-Musik, Varieté und einer langen Tafel – entwickelte sich weiter zum „RIXPOP Musikfestival Neukölln“, bei dem junge Musiker*innen sowie Kulturschaffende ihr Können vor breitem Publikum unter Beweis stellen konnten. Der Clou dabei: eine Pop-up-Bühne, mit der auch andere Orte im Bezirk punktuell bespielt wurden. Die Pandemie und der Umbau der Karl-Marx-Straße bremsten das Format aus. Seit 2023 lebt der Platz mit den „RIXPOP Sessions“ wieder auf – als Open-Air-Bühne mit profes­sionellem Soundsystem und stimmungsvoller Lichtinstallation.

Alfred-Scholz-Platz

Auch während des Musikfestivals „Fête de la Musique“ ging es musikalisch und ereignisreich zu

Die meisten Singer-Songwriter*innen und Bands, die hier auftreten, sind junge, internationale Musiker*innen, von denen viele neu in der Berliner Musikszene sind. Einige kommen gerade von der Musikschule, haben ihre Bands während des Studiums gegründet oder ihre Solokarrieren aufgebaut und sind auf der Suche nach geeigneten Auftrittsmöglichkeiten. Die „RIXPOP Sessions“ bieten genau diese Bühne – mit Erfolg: Die Veranstaltungen erfreuen sich stets großer Beliebtheit. Zu den Besucher*innen zählen Menschen unterschiedlichsten Alters, die längst nicht mehr nur aus der direkten Umgebung kommen. Freundeskreise, Fangemeinden und ganze Communities folgen den Acts und verleihen den Veranstaltungen so eine unvergleichliche Atmosphäre.

Aufgrund der zentralen Lage des Platzes sind im Vorfeld Absprachen wichtig – vor allem, um etwaige Lärmbelästigungen zu vermeiden. Der Kompromiss: ruhige Klänge zu Beginn, kraftvolle Töne später. „Hier findet echter Austausch statt – Anteilnahme, und manchmal auch Auseinandersetzung“, sagt Perry. Es gehe darum, Brücken zu bauen – zwischen Menschen, zwischen Kulturen. Denn Straßenkultur kann mehr als unterhalten, sie verbindet. Dafür braucht es Orte wie den Alfred-Scholz-Platz. Perry und Schmidt wünschen sich, dass der Platz nicht nur weiterhin bespielt, sondern weitergedacht wird: als Raum für Ideen und Ort gelebter Vielfalt.

Alfred-Scholz-Platz

Die „RIXPOP Sessions“ ziehen regelmäßig zahlreiche Musikfans an (Foto: Rebekka Brather)

Auch beim Festival „48 Stunden Neukölln“ wird der Platz regelmäßig zur Bühne und zum Ausstellungsraum, wie Katarzyna Nowak und Alex­andra Flindris vom Kulturnetzwerk Neukölln e. V. eindrucksvoll schildern. Beide sind seit 2023 für die Planung des stadtweit bekannten Kunstfestivals zuständig. In diesem Jahr lautete das Motto „WTF (what the fact)? Zwischen Wahrheit und Wahrnehmung“. Über 250 Orte wurden bespielt, darunter auch der Alfred-Scholz-Platz mit spektakulären künstlerischen Beiträgen. Besonders imposant: Das „Aleph“, eine begehbare, aufblasbare Installation von Paula Vidal, die eine fragmentierte 360-Grad-Perspektive auf die Umgebung bot. Darüber hinaus zierte die Skulptur „DIAMANT“ von Alice Bischof den Platz. Performances, darunter auch eine von Krzysztof „Leon“ Dziemaszkiewicz (siehe Titelbild der Ausgabe), lockten weitere Interessierte an. Einmal mehr zeigte sich: Kunst im öffentlichen Raum wirkt – sie berührt, irritiert, inspiriert. Und sie bringt Menschen ins Gespräch. Auch deshalb zieht das Festival von Jahr zu Jahr mehr Besucher*innen an.

Schon gewusst? 

Der Alfred-Scholz-Platz hat eine eigene Webseite. Auf dieser finden sich alle wichtigen Informationen rund um den Platz. Dort steht auch, was nötig ist, um eigene Ideen und Aktionen vor Ort Wirklichkeit werden zu lassen. 

www.alfred-scholz-platz.berlin

Für Nowak und Flindris ist der Alfred-Scholz-Platz ein offener und lebhafter Ort, an dem unterschiedliche Lebenswelten aufeinandertreffen und immer wieder Neues entsteht. Besonders in den Abendstunden, wenn die Sonne durch die Werbellinstraße scheint, entfaltet er seine ganze Magie. Gleichzeitig betonen sie, dass es genauso wichtig ist, neue, weniger bekannte Räume zu aktivieren und künstlerisch zu bespielen, um neue Perspektiven zu eröffnen. Dabei verweisen sie auf die Bedeutung von Kulturräumen und Ateliers, die jedoch zunehmend von Schließungen bedroht sind.

Obwohl die Aktionen auf dem Platz zeitlich begrenzt sind, ist ihre Wirkung nachhaltig. Sie machen aus ihm mehr als nur einen Durchgangsort. Gleichzeitig ist der Platz ein Ort der Gegensätze: Ruhepol und Bühne, Rückzugsraum und Treffpunkt. Dass er funktioniert, liegt vor allem an den Menschen, die ihn tagtäglich gestalten – mit ihrer Kreativität, ihrem Engagement, ihrer Offenheit. Ohne sie wäre dieser Ort nicht das, was er heute ist. In diesem Sinne: Sorgen wir gemeinsam dafür, dass der Alfred-Scholz-Platz ein Ort bleibt, den wir schätzen, und entwickeln wir ihn zusammen weiter!

Christoph Lentwojt, raumscript