Die 14. Ausgabe des BROADWAY steht unter dem Titel „Was wir können“. Die Beiträge zeigen exemplarisch, wie lebendige Angebote auch entgegen der aktuellen Krisen durch gemeinsames Wirken entstehen und erhalten werden können. Wir sprechen mit Gewerbetreibenden, Kulturschaffenden und sozial Engagierten entlang der Karl-Marx-Straße, widmen uns dem Thema der Müllvermeidung, geben einen Einblick in die gemeinwohlorientierte Gesundheitsversorgung und zeigen, wie sich ein inklusives Zusammenleben im Zentrum gestalten und von Vielfalt bereichern lässt.

Stand Juli 2023

Gemeinsam für mehr Gemeinwohl

Das Stadtteilgesundheitszentrum vom Verein Gesundheitskollektiv Berlin e.V. (Geko) ist seit Dezember 2021 im Gebäude „Alltag“ auf dem ehemaligen Kindl-Gelände ansässig und engagiert sich von hier aus für eine gemeinwohl­orientierte Gesundheitsversorgung in Neukölln.

Verein Gesundheitskollektiv Berlin e.V.

Das „Café Praxis“ ist ein Ort für Begegnung und Information und für alle offen (Foto: Felicia Scheuerecker)

Gesundheit ist ein kostbares Gut. Oftmals ist jedoch der Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung erschwert oder aber diese ist mit hohen Kosten verbunden. Eine Gruppe von Studierenden aus dem Medizinbereich hat die Initiative ergriffen und ein Konzept entwickelt, das auf Gemeinwohl und Gleichheit ausgerichtet ist. Ihre Vision: der flächendeckende Aufbau gemeinwohlorientierter Stadtteilgesundheitszentren und der Abbau sozialer Ungleichheiten. Was als Idee in einem WG-Zimmer begann, wurde 2016 mit der Gründung eines gemeinnützigen Vereins Realität. Heute ist das Geko die Anlaufstelle in Neukölln zum Thema Gesundheit und darüber hinaus. Wir sprachen mit Shao-Xi Lu, Yvonne Kiefel, Joao Lukoki und Carlos Ramos und blickten hinter die Kulissen des in Berlin einzigartigen Gesundheitszentrums.

Das Geko verfolgt das Ziel, dass alle Menschen die gleichen Chancen auf eine gute Gesundheitsversorgung und -beratung erhalten – ungeachtet von deren Herkunft, Geschlecht, Alter oder Bildungsgrad. Darüber hinaus setzt sich das Gesundheitszentrum für mehr Mitbestimmung und Selbstorganisation im Gebiet ein.

Gruppenfoto Geko

Das Team des Gesundheitskollektiv e.V. ist ein Zusammenschluss verschiedener Gesundheitsberufe (Foto: Felicia Scheuerecker)

Die Organisation des Gesundheitsstandorts findet auf insgesamt drei verschiedenen Ebenen statt. Während im Kollektiv Engagierte zusammenkommen, die Ideen und Konzepte für mehr Gemeinwohl besprechen und definieren, bildet der Verein die rechtliche Grundlage für das Handeln des Geko. Dieser ist zum Beispiel dafür zuständig, Fördermittel zu akquirieren. Das Zentrum als dritte Organisationsstruktur wiederum umfasst die eigentliche, sichtbare Arbeit der vor Ort und im Kiez Tätigen. Hierunter fallen sämtliche Angebote und Dienstleistungen, die das Geko für und gemeinsam mit den Menschen anbietet.

Das Besondere am Neuköllner Standort ist die enge Verzahnung von Gesundheit, Stadtteilarbeit und Nachbarschaft. Dabei nimmt das Geko nicht allein den Menschen, sondern ebenso dessen Wohnumfeld, Arbeit und Umwelt in den Blickpunkt. Probleme bzw. Anliegen werden demnach nicht einzeln betrachtet, sondern es werden sämtliche Einflussfaktoren berücksichtigt, die sich positiv wie negativ auf den Lebensumstand und das Wohlbefinden eines jeden auswirken können. Dieses Verständnis zeigt sich auch in der Vielfalt der Angebote. So vereint das Gesundheitszentrum eine allgemeinmedizinische und eine kindermedizinische Praxis, ein Café, diverse Sportangebote, Kiez- und Nachbarschaftsprojekte etc. Überdies betreibt das Geko aufsuchende Arbeit, bei der das Team gezielt in Neukölln unterwegs ist und z. B. Kinder bei der Einbindung in Sport- und Freizeitvereine unterstützt. Möglich ist dies durch den multiprofessionellen Ansatz, den die Mitarbeitenden des Geko verfolgen. Der Zusammenschluss verschiedener Gesundheitsberufe erlaubt dabei eine umfassende, koordinierte und patientenorientierte Betreuung sowie Beratung. Durch die multikulturelle Zusammensetzung des Teams können überdies Angebote und Dienstleistungen mehrsprachig angeboten werden, wodurch möglichst viele Leute niedrigschwellig erreicht werden.

Geko Eröffnung

Nachbarschaftstreffen greifen Themen auf, die die Menschen im Kiez beschäftigen (Foto: Felicia Scheuerecker)

Innerhalb und über die Grenzen Neuköllns hinaus ist das Geko sehr gut vernetzt. Enge Kontakte bestehen unter anderem zur Verwaltung, Politik und Wissenschaft. Darüber hinaus gibt es vielzählige Kooperationen vor Ort – auch auf dem ehemaligen Kindl-Gelände. Zukünftig möchte das Gesundheitszentrum sein bestehendes Netzwerk weiter festigen und ausbauen. Zudem strebt das Geko eine langfristige, regelmäßige Finanzierung an. Denn bislang finanziert sich dieses ausschließlich über Fördermittel, Mitgliederbeiträge und Spenden. Eine Regelfinanzierung böte die Chance, bereits bestehende Angebote zu verstetigen und auszubauen sowie neue Angebote zu schaffen. Die Gesundheitsversorgung und das Gemeinwohl im Gebiet würden so nachhaltig gestärkt werden. Dass der Bedarf an gemeinwohlorientierten Gesundheitsstandorten in Berlin bereits gegenwärtig groß ist, zeigt sich daran, dass Menschen aus dem gesamten Stadtgebiet nach Neukölln kommen und das Geko sowie dessen Angebote aufsuchen. Perspektivisch will der Gesundheitsstandort, gemeinsam mit der vor Ort lebenden Bevölkerung, seine Arbeit für und im Kiez festigen und sich als gemeinwohlorientierter Akteur in der Berliner Stadtlandschaft weiter etablieren.
Christoph Lentwojt und Tania Salas, raumscript