Rückblick auf das 23. Treffen der A!KMS
Grundsätzlich wird es immer schwieriger, einfache Lösungen für die komplexen Anforderungen zu finden. Der Grat zwischen Chance und Bedrohung durch manche Entwicklungen scheint oft nur noch minimal zu sein. Diesbezüglich rückt auch die Karl-Marx-Straße zunehmend in den Fokus. Einerseits findet in der Karl-Marx-Straße nach jahrelangem Warten z.B. in den sogenannten Schlüsselimmobilien endlich eine Entwicklung statt, gleichzeitig bereiten die geplanten Ansiedlungen vielen auch Sorge, immer mehr das „Neuköllner Gesicht“ zu verlieren und als kleineres Geschäft, Gewerbe oder auch Kunstatelier vielleicht sogar verdrängt zu werden. Kann man „klein“ und „groß“, „Neukölln“ und „Weltstadt“ in der Waage halten? Wie können sich die lokalen Akteure im Zentrum positionieren? Was braucht das Zentrum Karl- Marx-Straße?
Einleitend gab Dr. Anna Steigemann von der TU Berlin einen Überblick, was die Karl-Marx-Straße in den letzten Jahrzehnten immer wieder verändert hat. Zuletzt waren Einflussfaktoren vor allem die „Finanzialisierung“ des Wohn- und Gewerbemarktes sowie Veränderungen im Handel und im Kundenverhalten – Trends, die deutschlandweit festzustellen sind. Dazu zählen vor allem die Entwicklung des Online-Handels sowie der Zuwachs an Verkaufsfläche durch die steigende Anzahl an Shoppingcentern. Handelsflächen sind derzeit schwerer vermietbar.
Auch die diesjährige Standorttour Ende November zeigte, dass der Trend bei der Umnutzung der Schlüsselimmobilien derzeit bei Büroflächen und vor allem CoWorking-Angeboten liegt. Die Diskussion auf dem A!KMS-Treffen drehte sich auch um die Frage, ob diese Angebote lediglich die Spirale der Mietentwicklung und Gentrifizierung nach oben schrauben, oder ob dadurch nicht auch kaufkräftigere Kundschaft angezogen wird.
Und der Handel? Im November hat das Kunst- und Zeichenbedarfsgeschäft boesner an der Karl-Marx-Straße seinen Flagship-Store mit ca. 1.400 qm Verkaufsfläche als vierten Standort in Berlin eröffnet. Dessen Maxime ist neben dem reinen Verkauf, mit lokalen Künstlerinnen und Künstlern in den Austausch zu kommen, um auch Teil der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu werden.
Im Rahmen der Inputs am 5.12. wurde auch eine Studie des Instituts Allensbach zitiert, nach der 78% der Befragten auf die Frage „Was bedroht die Heimat?“ antworteten: wenn alteingesessene Geschäfte schließen (Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 11084). Bei der Antwort auf die Frage „Was ist die Zukunft, die Stabilität und die Sicherheit für das Zentrum Karl-Marx-Straße?“ waren sich die Teilnehmenden der Veranstaltung einig: VIELFALT. So lange die Vielfalt, jung und alt, arm und reich, mit unterschiedlichen Sozialisationen oder durch unterschiedliche Nutzungen (Wohnen, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Nutzungen) etc. gesichert ist, wird die Karl-Marx-Straße ein langfristig attraktiver Standort sein.
Wichtig scheint, wie so oft, das richtige Maß der Dinge zu sein. Und: die lokalen Gewerbetreibenden. Diese sind nach Dr. Steigemann wesentlicher Bestandteil der gelebten Nachbarschaft und tragen durch ihre alltägliche Arbeit und ihr Angebot zu einer „Instandhaltung“ der Straße bei.