Dies ist ein Artikel ist aus dem KARLSON #8 – 2021, der Zeitung für das Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße/Sonnenallee.

Stand Juli 2021

Schritt für Schritt

Geförderte öffentliche Baumaßnahmen im Sanierungsgebiet

Wer diese Sanierungszeitung in seinem Briefkasten vorfindet, wohnt oder arbeitet wahrscheinlich im Sanierungsgebiet Karl-Marx-Straße / Sonnenallee. An einigen Stellen kann man im Gebiet auf öffentliche Baumaßnahmen stoßen, die hier im Rahmen der Sanierung gefördert und umgesetzt werden. Was sind die Grundlagen dafür und wer beschließt das? Woher kommt das Geld? Wer ist am Planungsprozess beteiligt und wer entscheidet? Wir wollen etwas Licht ins Dunkel bringen – Schritt für Schritt.

Rathaus Neukölln

Rathaus Neukölln (© Frieder Salm)

Auf welcher Grundlage werden Ziele und Maßnahmen entwickelt?
Die Stadterneuerung bzw. Städtebauförderung ist eine Gesamtmaßnahme, die sich auf ein festgelegtes Gebiet in der Regel für einen Zeitraum von 15 Jahren bezieht. Bei der Entwicklung von Sanierungszielen und Einzelmaßnahmen werden Aspekte wie Wohnen, Verkehr, Umwelt und soziale Themen einbezogen.

Vor Beginn der Gesamtmaßnahme wurde ein Sanierungskonzept für das Gebiet erarbeitet. Daran haben zum einen die Fachabteilungen des Bezirks mitgewirkt, z. B. die Fachämter Jugend, Schule und Sport, das Straßen- und Grünflächenamt oder der Fachbereich Hochbau. Zum anderen wurde mit der Öffentlichkeit und den Betroffenen im Gebiet der Konzept­entwurf erörtert und diskutiert. Das Sanierungskonzept einschließlich eines Maßnahmenplans wurde 2011 mit der förmlichen Festlegung als Sanierungsgebiet beschlossen und zuletzt 2017 fortgeschrieben – wiederum unter Beteiligung der oben genannten Stellen und der Öffentlichkeit im Gebiet. Der Maßnahmenplan konzentriert sich auf die öffentlichen Investitionsmaßnahmen zum Ausbau und zur Erneuerung der Straßen, Plätze und Grünflächen sowie die kulturelle und soziale Infrastruktur, die im Zuge des gesamten Sanierungszeitraums mit öffentlichen Mitteln durchgeführt werden sollen.

Sanierungsziele und Maßnahmenplan

Die Sanierungsziele bilden den Rahmen für die gewünschten Entwicklungen im Sanierungsgebiet und sind Grundlage für die Genehmigung oder die Versagung von baulichen Vorhaben. Die zu Beginn der Sanierung für das Gebiet festgelegten Ziele müssen, wenn es erforderlich ist, den aktuellen Verhältnissen angepasst werden. Die Sanierungsziele wurden 2017 im Rahmen eines umfassenden Entwicklungs- und Beteiligungsprozesses durch den Fachbereich Stadtplanung fortgeschrieben. Für die Fortschreibung wurden zahlreiche Studien und Untersuchungen erarbeitet. In einem Maßnahmenplan wurden die Sanierungsprojekte räumlich verortet und beschrieben. Die Studien, die Fortschreibung der Sanierungsziele und der Maßnahmenplan sind auf der Internetseite des Sanierungsgebiets einsehbar.

Woher kommt das Geld?
Die Maßnahmen zur Umsetzung der Sanierungsziele im Neuköllner Sanierungsgebiet werden derzeit mit Fördermitteln aus der Städtebauförderung im Teilprogramm „Lebendige Zentren – Erhalt und Entwicklung der Orts- und Stadtkerne“ unterstützt. Dies ist ein Bund-Länder-Programm. Das heißt, der Bund stellt dem Land Berlin auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung Finanzhilfen zur Verfügung, die von Berlin ergänzt werden.

Ernst-Abbe-Schule

Von 2012 bis 2018 wurde die Ernst-Abbe-Schule bei laufendem Betrieb erneuert. Die Kosten wurden über die Städtebauförderung und Eigenmittel des Bezirks finanziert. Beim Umbau mussten viele Beteiligte koordiniert werden: Schul- und Sportamt (räumliche Anforderungen), Fachbereich Hochbau (baufachliche Planung und Durchführung), Schulleitung (Lehrbetrieb), Fachbereich Grünflächen (Schulhof), Senatsschulverwaltung (Raumprogramm und Ausstattung), Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (Fördermittel). Daneben wurden Schüler- und Lehrerschaft an der Schulhofgestaltung beteiligt.

Wer arbeitet mit wem zusammen? Wer entscheidet?
Verantwortlich für die Gesamtkoordination und die schrittweise Umsetzung der Sanierungsvorhaben ist im Bezirks­amt Neukölln das Stadtentwicklungsamt. Zur Unterstützung bei der Steuerung der vielen Aufgaben wurde die BSG Brandenburgische Stadterneuerungsgesellschaft mbH als Sanierungsbeauftragte des Landes Berlin eingesetzt. Weitere Beauftragte sind das Citymanagement der [Aktion! Karl-Marx-Straße] als Ansprechpartnerin für die Gewerbetreibenden im Zentrum Karl-Marx-Straße sowie ein Büro für Öffentlichkeitsarbeit.

Die Vorbereitung und Planung der öffentlichen Investitionsvorhaben im Sanierungsgebiet erfordern sehr viel Koordinationsaufwand, da unterschiedliche Fachämter und Dienststellen eingebunden werden müssen. Bei der Sanierung einer Schule ist z. B. das Schul- und Sportamt des Bezirks für die räumlichen Anforderungen zuständig, der Fachbereich Hochbau für die baufachliche Planung und Durchführung, die Schulleitung für die Erfordernisse des Lehrbetriebs und der Fachbereich Grünflächen für den Schulhof. Bei Baudenkmalen muss auch die Untere Denkmalschutzbehörde mitwirken. Natürlich müssen auch die Betroffenen, also z. B. die Lehrerschaft sowie die Schülerinnen und Schüler, in die Planungen einbezogen werden. In bestimmten sozialen Einrichtungen wie beispielsweise Kindergärten oder Jugendeinrichtungen ist zudem eine frühe Beteiligung des Trägers wünschenswert.

Die vielen Einzelmaßnahmen im Sanierungsgebiet müssen daher vom Fachbereich Stadtplanung und der BSG frühzeitig vorbereitet werden, damit die Fördermittel im geplanten Zeitrahmen eingesetzt werden können. Die fachlich notwendigen Entscheidungen fällt der jeweils für die Aufgabe zuständige Fachbereich. Kontroverse Fragen und Zielvorstellungen müssen in Abstimmungsprozessen ausgehandelt werden. Und nicht zuletzt werden die Vorstellungen der Betroffenen und gegebenenfalls der lokalen Öffentlichkeit in den Abstimmungsprozess einbezogen.

Kann keine Einigkeit bei den unterschiedlichen Sichtweisen und Interessen erreicht werden, muss die Entscheidung über die Abteilungsleitungen bzw. das Bezirksamt gesucht werden. Dieses besteht aus dem Bezirksbürgermeister und den vier Bezirksstadträtinnen bzw. -stadträten. Bei Entscheidungen über für den Bezirk besonders bedeutsame Investitionsvorhaben wird ein Votum der Fachausschüsse der BVV eingeholt.

Weserstraße

Die Vorplanung zum Ausbau der Weserstraße zur Fahrradstraße wurde den Anwohnenden und Gewerbetreibenden im August 2019 in einer öffentlichen Erörterungsveranstaltung vorgestellt. Die Hinweise wurden gesammelt und unter Federführung des Straßen- und Grünflächenamts abgewogen. Die Bauplanungsunterlage wurde im Frühjahr 2020 durch die Senatsverwaltung Umwelt, Verkehr und Klimaschutz geprüft. Der Hauptanteil der Finanzierung kommt aus dem „Sondervermögen Infrastruktur der wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds (SIWANA)“. Aus Mitteln des Förderprogramms „Lebendige Zentren“ werden die Umgestaltung der Kreuzungsbereiche und die Ausgestaltung der Baumscheiben finanziert. Die Umsetzung im ersten Bauabschnitt begann Ende Juni 2021, die gesamte Maßnahme wird voraussichtlich 2024 fertiggestellt sein.

Wie wird eine konkrete Maßnahme vorbereitet und geplant?
Auf dem Weg zu einer konkreten Baumaßnahme müssen zahlreiche Planungs- und Genehmigungsschritte durchlaufen werden. Im Land Berlin muss die öffentliche Hand bei ihren Bauvorhaben nach den Vorgaben der „ABau“, der „Allgemeinen Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins“ verfahren. Das Verfahren dient dazu, dass die Aufgaben, Zuständigkeiten und die haushaltsrechtlichen Vorschriften, insbesondere die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, gewahrt werden. Leider sind die Arbeitsschritte kleinteilig und zeitaufwändig.

Bei größeren Projekten beginnen die Vorbereitungen für eine Baumaßnahme meist mit einer Bedarfsanalyse, deren Ergebnisse in einem Bedarfsprogramm oder einem Rahmenantrag abgebildet werden. In dieser Phase werden oft schon die Öffentlichkeit oder betroffene Nutzerinnen und Nutzer eingebunden, um früh deren Hinweise abzufragen. Nachdem die grundsätzlichen Ziele und Bedarfe ermittelt und ein Grobkonzept sowie ein Kostenrahmen für das Projekt erstellt wurden, können damit erste Fördermittel für die Ausarbeitung von Planungsunterlagen beantragt werden. Die Beantragung von Fördermitteln bei der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ist dabei zu einem jährlichen Stichtag möglich.

Sobald das Bedarfsprogramm von den zuständigen Verwaltungsstellen geprüft ist und Fördermittel für das Projekt bewilligt wurden, ist es Aufgabe der bezirklichen Baudienststelle, Ingenieure oder Architekten mit der sogenannten Vorplanung zu beauftragen und einen Vorentwurf zu erstellen. Begleitend zu diesem Planungsschritt erfolgt in der Regel wieder eine öffentliche Information oder Beteiligung.

Der zweite Planungsschritt ist die konkrete Entwurfsplanung mit einer Kostenberechnung, die in die Bauplanungsunterlage (BPU) einfließen. Sowohl Vorplanung als auch BPU werden entweder vom Bezirk oder von der Senatsverwaltung fachlich und wirtschaftlich geprüft. Spätestens auf der Grundlage der Kostenberechnung beantragt der Fachbereich Stadtplanung auch die Fördermittel für die notwendigen Bau- oder Sanierungsmaßnahmen.

Wildenbruchplatz

Die Planungen für den Wildenbruchplatz begannen mit einem Vorkonzept 2016 und einer Vorentwurfsplanung 2017 im Rahmen der Gesamtmaßnahme Weigandufer / Wildenbruchplatz, die jeweils öffentlich vorgestellt und diskutiert wurden. Die konkreten Ideen zur Umgestaltung des Wildenbruchplatzes wurden im Januar 2020 erneut öffentlich vorgestellt und Hinweise zur Gestaltung abgefragt, unter Federführung des Grünflächenamtes abgewogen und in die finale Bauplanungsunterlage (BPU) eingearbeitet. Nach der Förderzusage und Ausschreibung der Bauleistungen begann der Umbau im Februar 2021.

Ab welchem Zeitpunkt beginnt die Umsetzung der Maßnahme?
Sobald eine Förderzusage erteilt wurde, kann die Umsetzung der Maßnahme beginnen. Diese startet mit der Ausschreibung von notwendigen Bauleistungen. Gegenwärtig kommt es dabei häufig zu Verzögerungen, wenn keine oder nicht dem gegebenen Kostenrahmen entsprechende Angebote von Baufirmen eingehen. Die Ausschreibung und Auswahl des wirtschaftlichsten Bewerbers übernimmt die Fachabteilung in der Verwaltung, die für die Betreuung der Baumaßnahme zuständig ist. Bei Straßenbaumaßnahmen bzw. bei der Umgestaltung von Grünflächen ist das z. B. der jeweils zuständige Fachbereich des Straßen- und Grünflächenamts, beim Umbau einer Schule der Fachbereich Hochbau. Diese Fachabteilungen stimmen sich dabei eng mit dem Fachbereich Stadtplanung bzw. der Sanierungsbeauftragten ab, die den gesamten Sanierungsprozess steuern, die Fördermittel bereitstellen und auch die Öffentlichkeit kontinuierlich über den Bauablauf informieren. Gemeinsam mit dem beauftragten Bauunternehmen werden die Bauphasen bis zur Fertigstellung festgelegt. Das Bauprojekt nimmt Gestalt an.
Torsten Kasat, Alexander Tölle, Stephanie Otto